Montag, 22. September 2014

Vom Reisen




Knapp einen Monat bin ich jetzt in San Cris und schon hält es mich kaum noch zu Hause. Reiselust ist aber auch eine fieberhafte Krankheit die bloß schlimmer wird, je mehr man ihr nachgibt. Naja warum auch nicht? Solange mein Geldbeutel es hergibt - und bei den Preisen hier bleibt das auch noch ne Weile so - will ich jede Gelegenheit nutzen, um das Land besser kennen zu lernen. 

So war ich also gezwungenermaßen letzte Woche an der guatemaltekischen Grenze, wo auch alles geklappt hat und ich den Wisch für mein Visum noch einmal ausgestellt bekommen habe. Danach folgte Comitán - Lagos de Montebello - Comitán - San Cris. Auch wenn der Trip etwas chaotisch war und wir leider an den Seen angekommen ordentlich Regenwetter hatten, hat sich die Fahrt doch gelohnt (siehe Fotos). Das Problem war, dass wir uns dort so nah an der Grenze zu Guatemala befanden, dass wir kein mexikanisches, sondern guatemaltekisches Netz hatten, und somit unsere Handys komplett nutzlos waren. Unser Plan, drei andere compañeros nachkommen zu lassen, stellte sich somit als schwierig heraus. Wir gaben alles und erreichten übers Dorftelefon eine Freiwillige, die in San Cris geblieben war (die drei waren schon unterwegs und hatten ebenfalls keinen Empfang) und der wir die Infos mitteilten, wie die anderen uns finden konnten (der Weg war nicht ganz so einfach zu finden). Schließlich scheiterte aber alles daran, dass die drei wegen einer politisch motivierten Straßenblockade (täglich Brot in Chiapas) zu spät in Comitán ankamen und keine Collectivos mehr zu den Lagos fuhren. Wir haben es letztlich alle mit Humor genommen und trotzdem das Beste aus unserem Trip gemacht. 

Weiter ging es diese Woche mit unserem Einführungsseminar. Das fand von Donnerstag bis Freitag auf einem Bio-Bauernhof in Tzimol statt. Da konnten wir einiges über die politische, soziale und kulturelle Lage in Chiapas lernen, doch die meisten Themen bleiben immer noch zu komplex, um sie in so kurzer Zeit auszubreiten. Beeindruckend war allemal der Bauernhof und sein alternativer Lebensstil mit Trockenklos und so manchen fremden Tierarten (Auch Spinnen!). Weil ja am Ende des Seminars das Wochenende gerade erst anfing, beschlossen wir kurzerhand uns noch die Wasserfälle in Chiflón anzusehen. In der Nähe fanden wir ein komplett leerstehendes Hotel, wo wir uns zu fünft ein Zimmer mit zwei Doppelbetten nahmen und unseren Trip (und andere schöne Dinge des Lebens ;) mit Tequila begossen. Zu dritt in einem Bett mit gefühlten 30 Grad Zimmertemperatur bekommt man alles, nur nicht genug Schlaf. Aber das war am nächsten Tag auch egal! Die Wasserfälle haben uns alle umgehauen - und nass gemacht. Dazu gab es warmes sonniges Strahlewetter. Da vergisst man sogar jeden Mückenstich. Bis man wieder im verregneten San Cris ist. Aber die Fotos und Erinnerungen bleiben und machen Lust auf mehr. Macht euch selbst einen Eindruck:

Unterwegs zur Grenze


Lagos de Montebello





Der Bauernhof Tsomanotik





Cascadas de Chiflon

Donnerstag, 11. September 2014

Welcome to Mexico - Not!

Hier ein ganz wichtiger Tipp für alle, die vorhaben irgendwann einmal dem wunderschönen Mexiko einen Besuch abzustatten: Verliert niemals - niemals! - den kleinen Zettel, den sie euch am Flughafen geben. Nun ja, ich hab da nicht viel Acht drauf gegeben. Immerhin habe ich in Deutschland extra in Frankfurt mein Visum abgeholt, dafür schon mal 27€ bezahlt und es mir in den Reisepass drucken lassen. Damit, dachte ich, bin ich doch schon legal hier. Pustekuchen! Als ich nun bei der Migrationsbehörde meine Aufenthaltserlaubnis für das ganze Jahr beantragen wollte, hieß es: Ohne kleinen Zettel vom Flughafen, kein Visum! Um mir diesen nun noch einmal ausstellen zu lassen, muss ich jetzt zur Grenze, muss sie nicht überqueren, sondern nur in das Migrationsbüro dort, um zu sagen: Ich hab diesen kleinen Zettel verloren, bitte gebt mir nen neuen. Und damit kann ich dann wiederum hier in San Cris zur Migrationsbehörde laufen. Macht total Sinn und ist gar nicht aufwendig! Naja das soll mir eine Lehre sein, die ich euch hiermit gerne weitergebe: Immer schön alle Zettel beisammen halten ;)

Damit die ganze Fahrerei aber nicht ganz umsonst bleibt, bleibe ich einfach das Wochenende über in Comitán. Das liegt eh auf dem Weg und ich kann dort einen Mitfreiwilligen besuchen. In Comitán ist es außerdem ne ganze Ecke wärmer als hier und man munkelt, es gäbe schöne Seen in der Nähe. Da ergebe ich mich doch gerne der mexikanischen Bürokratie und mache mich auf den Weg. Und Vorsicht, jetzt wirds philosophisch: Manchmal muss man eben gehen, um zu bleiben. Amen!

PS: Ja, nächstes mal gibts mit Sicherheit auch Fotos ;)

Montag, 1. September 2014

Ab ins kalte Wasser

Der Titel passt zu meiner ersten Woche in San Cristóbal sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Obwohl wir bei unserer Ankunft und in den ersten Tagen wohl ungemeines Glück mit dem Wetter hatten, hat uns die Regenzeit nun doch eingeholt. Es schüttet. Und das soll angeblich noch schlimmer werden diesen Monat. Ohne Gummistiefel ist man in dieser Stadt verloren, denn sie verwandelt sich mindestens einmal am Tag in einen regelrechten Fluss. Die meisten Autos fahren aber merklich langsamer an einem vorbei, damit man nicht ganz so krass von den Wassermassen getroffen wird. Mit dem steigenden Niederschlag fallen auch die Temperaturen. Zuhause kann es also ziemlich kalt werden, weshalb ich hier jetzt auch schon in meinem dicksten Pulli sitze.

Aber genug vom Wetter! Ich habe ja letzten Montag auch schon angefangen bei Sipaz zu arbeiten. Das war auf jeden Fall auch ein Sprung ins kalte Wasser. Noch ziemlich gejetlaged und völlig ahnungslos durfte ich bei einer Versammlung von etlichen Organisationen aus Chiapas und anderen Teilen Mexikos teilnehmen. Es ging um ihre Zusammenarbeit und Finanzierung, das habe ich nach der Hälfte des ersten Tages auch endlich verstanden. In der Tat war ich zunächst ziemlich überfordert mit all den neuen Gesichtern und Themen, mit denen ich mich überhaupt nicht auskannte. Allerdings habe ich mich überrachend schnell wohl gefühlt in dieser herzlichen Atmosphäre und war beeindruckt von den vielen engagierten, intelligenten Persönlichkeiten, die sehr wichtige Arbeit leisten. Ich war natürlich trotzdem ein wenig froh, als ich am Mittwoch "nur" ins Büro kommen musste und das gesamte Team, das aus vier Frauen besteht, kennen lernen durfte. Dort habe ich gleich meine erste Übersetzung begonnen. Alle drei Monate veröffentlicht Sipaz einen Bericht über die Menschenrechtslage im Südosten Mexikos in vier Sprachen. Diesen werde ich nun ins Deutsche übersetzen. Wenn ich damit fertig bin, gibts hier natürlich einen Link dazu ;)

Ganz so ruhig blieb meine Woche aber nicht lange. Am Samstag durfte ich mit auf eine "Salida" in einen Ort, der 4 Stunden von San Cristóbal entfernt ist. Diese Chance wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Der Anlass für unsere Reise war eine Versammlung des größten Ejidos von Mexiko. "Was ist ein Ejido?", fragt ihr natürlich. Das ist eine Form des gemeinschaftlichen Landbesitzes, die unter den Kleinbauern hier sehr verbreitet ist. Ein Ejido entscheidet also auch gemeinschaftlich, was mit dem Land geschieht, das es bebaut. Und so fand nun diese Versammlung statt, weil die Regierung eine neue Autobahn zwischen San Cristóbal und Palenque plant, zwei der Hauptattraktionen für Touristen in Chiapas. Ich kann nach den vielen Stunden auf diesen Straßen schon verstehen, warum diese Autobahn für Touristen gebaut werden soll. Reiseübelkeit war für mich bis jetzt immer ein Fremdwort, doch nach dieser Fahrt war mir schlecht wie nie. Zum einen lag das sicherlich an den hunderten von Kurven, zum anderen an den Hubbeln auf der Straße, die anstelle von Schildern die Geschwindigkeit drosseln sollen. Solch eine Autobahn würde jedoch wirklich nur dem Tourismus nutzen. Die Gemeinden halten nicht viel von ihr und sehen für sich eher Nachteile. Allein das Vorgehen der Behörden sagt einiges darüber aus, mit welchen Mitteln hier gearbeitet wird. Dem versammelten Ejido wurde vorgetäuscht, alle anderen betroffenen Ejidos hätten bereits unterschrieben, was aber nicht der Fall war. Darüber hinaus wurde der Sohn des Ejido-Vorsitzenden damit erpresst, dass er seinen Job verliere, wenn sein Vater nicht unterschreibt. Dieser Sohn hat für die Regierung gearbeitet und ist nun arbeitslos. Alles in allem also eine sehr bewegende Veranstaltung, von der ich leider nicht alles verstanden habe, weil meistens auf Tzeltal, einer der indigenen Sprachen hier, gesprochen wurde. Meine Aufgaben beschränkten sich fürs erste auf Anwesenheit und Fotos schießen (von denen nicht viele was geworden sind). Aber auch so hat mich der Tag ziemlich geschafft.

Nach dem Sprung ins kalte Wasser folgt die Akklimatisierung und so bin ich nun dabei die vielen ersten Eindrücke zu verarbeiten und mich an meine neue Umgebung zu gewöhnen. Wie es damit klappt, verrate ich euch im nächsten Post ;) Hier lasse ich euch nun noch ein paar Fotos da, die ganz unterschiedliche Seiten von Chiapas zeigen.

Die Katedrale con San Cristóbal - Hauptattraktion und Standardtreffpunkt der Freiwilligen

Die Versammlung - lautstarke und einstimmige Meinungsäußerung

Das dörfliche Leben

Die wunderschöne Landschaft von Chiapas, die ich aus dem Auto leider nur mäßig gut einfangen konnte.