Der Titel passt zu meiner ersten Woche in San Cristóbal sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Obwohl wir bei unserer Ankunft und in den ersten Tagen wohl ungemeines Glück mit dem Wetter hatten, hat uns die Regenzeit nun doch eingeholt. Es schüttet. Und das soll angeblich noch schlimmer werden diesen Monat. Ohne Gummistiefel ist man in dieser Stadt verloren, denn sie verwandelt sich mindestens einmal am Tag in einen regelrechten Fluss. Die meisten Autos fahren aber merklich langsamer an einem vorbei, damit man nicht ganz so krass von den Wassermassen getroffen wird. Mit dem steigenden Niederschlag fallen auch die Temperaturen. Zuhause kann es also ziemlich kalt werden, weshalb ich hier jetzt auch schon in meinem dicksten Pulli sitze.
Aber genug vom Wetter! Ich habe ja letzten Montag auch schon angefangen bei
Sipaz zu arbeiten. Das war auf jeden Fall auch ein Sprung ins kalte Wasser. Noch ziemlich gejetlaged und völlig ahnungslos durfte ich bei einer Versammlung von etlichen Organisationen aus Chiapas und anderen Teilen Mexikos teilnehmen. Es ging um ihre Zusammenarbeit und Finanzierung, das habe ich nach der Hälfte des ersten Tages auch endlich verstanden. In der Tat war ich zunächst ziemlich überfordert mit all den neuen Gesichtern und Themen, mit denen ich mich überhaupt nicht auskannte. Allerdings habe ich mich überrachend schnell wohl gefühlt in dieser herzlichen Atmosphäre und war beeindruckt von den vielen engagierten, intelligenten Persönlichkeiten, die sehr wichtige Arbeit leisten. Ich war natürlich trotzdem ein wenig froh, als ich am Mittwoch "nur" ins Büro kommen musste und das gesamte Team, das aus vier Frauen besteht, kennen lernen durfte. Dort habe ich gleich meine erste Übersetzung begonnen. Alle drei Monate veröffentlicht Sipaz einen Bericht über die Menschenrechtslage im Südosten Mexikos in vier Sprachen. Diesen werde ich nun ins Deutsche übersetzen. Wenn ich damit fertig bin, gibts hier natürlich einen Link dazu ;)
Ganz so ruhig blieb meine Woche aber nicht lange. Am Samstag durfte ich mit auf eine "Salida" in einen Ort, der 4 Stunden von San Cristóbal entfernt ist. Diese Chance wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Der Anlass für unsere Reise war eine Versammlung des größten Ejidos von Mexiko. "Was ist ein Ejido?", fragt ihr natürlich. Das ist eine Form des gemeinschaftlichen Landbesitzes, die unter den Kleinbauern hier sehr verbreitet ist. Ein Ejido entscheidet also auch gemeinschaftlich, was mit dem Land geschieht, das es bebaut. Und so fand nun diese Versammlung statt, weil die Regierung eine neue Autobahn zwischen San Cristóbal und Palenque plant, zwei der Hauptattraktionen für Touristen in Chiapas. Ich kann nach den vielen Stunden auf diesen Straßen schon verstehen, warum diese Autobahn für Touristen gebaut werden soll. Reiseübelkeit war für mich bis jetzt immer ein Fremdwort, doch nach dieser Fahrt war mir schlecht wie nie. Zum einen lag das sicherlich an den hunderten von Kurven, zum anderen an den Hubbeln auf der Straße, die anstelle von Schildern die Geschwindigkeit drosseln sollen. Solch eine Autobahn würde jedoch wirklich nur dem Tourismus nutzen. Die Gemeinden halten nicht viel von ihr und sehen für sich eher Nachteile. Allein das Vorgehen der Behörden sagt einiges darüber aus, mit welchen Mitteln hier gearbeitet wird. Dem versammelten Ejido wurde vorgetäuscht, alle anderen betroffenen Ejidos hätten bereits unterschrieben, was aber nicht der Fall war. Darüber hinaus wurde der Sohn des Ejido-Vorsitzenden damit erpresst, dass er seinen Job verliere, wenn sein Vater nicht unterschreibt. Dieser Sohn hat für die Regierung gearbeitet und ist nun arbeitslos. Alles in allem also eine sehr bewegende Veranstaltung, von der ich leider nicht alles verstanden habe, weil meistens auf Tzeltal, einer der indigenen Sprachen hier, gesprochen wurde. Meine Aufgaben beschränkten sich fürs erste auf Anwesenheit und Fotos schießen (von denen nicht viele was geworden sind). Aber auch so hat mich der Tag ziemlich geschafft.
Nach dem Sprung ins kalte Wasser folgt die Akklimatisierung und so bin ich nun dabei die vielen ersten Eindrücke zu verarbeiten und mich an meine neue Umgebung zu gewöhnen. Wie es damit klappt, verrate ich euch im nächsten Post ;) Hier lasse ich euch nun noch ein paar Fotos da, die ganz unterschiedliche Seiten von Chiapas zeigen.
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Die Katedrale con San Cristóbal - Hauptattraktion und Standardtreffpunkt der Freiwilligen |
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Die Versammlung - lautstarke und einstimmige Meinungsäußerung |
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Das dörfliche Leben |
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Die wunderschöne Landschaft von Chiapas, die ich aus dem Auto leider nur mäßig gut einfangen konnte. |