Sonntag, 22. März 2015

Der Tag, an dem wir die Ausstellung fast nicht eröffnet hätten

Seit ein paar Wochen war ich bei Sipaz in die Vorbereitungen eines für uns ziemlich großen Projektes eingebunden. Zusammen mit zwei anderen Organisationen haben wir die Ausstellung von World Press Photo 2014 nach San Cristóbal gebracht. World Press Photo ist eine niederländische NGO, die den Fotojournalismus fördert und unterstützt. Dazu wird ein jährlicher Wettbewerb veranstaltet, an dem Fotografen aus der ganzen Welt teilnehmen. Die Gewinner-Fotos werden in einer Wanderausstellung in mehr als 80 Städten gezeigt. Als letzte der Etappe 2014 wurde San Cris ausgesucht, obwohl in der kleinen Stadt nicht mit überaus hohen Besucherzahlen zu rechnen ist. Die Organisationen, die hier mit World Press Photo zusammen arbeiten, sahen in der Ausstellung allerdings die Möglichkeit, ein lautstarkes Zeichen für Presse- und Meinungsfreiheit in Chiapas zu setzen. Also wurden nicht nur die Fotoausstellung an sich sondern viele Aktionen in ihrem Rahmen organisiert. Vorträge an Schulen und Universitäten zum Beispiel, ein paralleler Wettbewerb für lokale Fotografen, kulturelle Veranstaltungen. Jede Menge guter Ideen also, aber auch jede Menge Arbeit.

Hinzu kam, dass die Dinge in Mexiko manchmal nicht ganz so laufen, wie geplant. Planmäßig sollte die Ausstellung nämlich Dienstagabend eintreffen. Ein Mitarbeiter von World Press Photo war kurz vorher eingreist, um die Installation der Fotos zu überwachen und uns bei der Eröffnung zu unterstützen. Die Fotos mussten aber erst einmal aus Mexiko-Stadt über Land transportiert werden. Ein Unterfangen, das sich als komplizierter als gedacht entpuppte. Dienstag warteten wir natürlich noch vergeblich auf die Lieferung. Mittwoch wollten wir eigentlich schon mit dem Aufbau beginnen, doch morgens hieß es, vor nachmittag werde nichts ankommen. Die Anspannung stieg bei allen Beteiligten merklich, hatten wir doch den ganzen Tag für den Aufbau eingeplant und wollten Donnerstagabend bereits die Eröffnungsfeier abhalten, zu der wir auch schon reichlich Leute eingeladen hatten. Nun gut, dass man hier eben manchmal Geduld beweisen muss, war für uns alle nichts neues und so nahmen wir es mit Humor und tranken Kaffee. Irgendwann erreichte uns die Meldung von der Transportfirma, man werde Mittwochabends Mexiko-Stadt verlassen, die Fotos seien noch beim Zoll. Wer dabei was verbockt hatte, war uns nicht klar. Hinterher lässt sich die Schuld eindeutig bei der Transportfirma erkennen, deren Arbeit sowie Informationsweitergabe katastrophal waren. Leichte Panik machte sich also breit. Wenn die Bilder am Donnerstagmorgen ankämen, wäre es immer noch möglich unsere Pläne einzuhalten. Doch am Morgen noch immer keine Spur von der Ausstellung, die am Abend eröffnet werden sollte. 

Als schon vom Abblasen gesprochen wurde, erfuhren wir schließlich, wo sich der Lastwagen befand und dass es nicht mehr all zu lange dauern konnte. Um 14:30 traf er schließlich ein. Mit Applaus empfingen wir die Ausstellung und machten und sofort mit extra Verstärkung an den Aufbau. Der Mitarbeiter von World Press Photo hatte uns zuvor verraten, dass der Rekord des Aufbaus bei etwas über zwei Stunden liege, er in jenem Fall aber auch durch erfahrene Museumsmitarbeiter erfolgt ist. Später sagte er beeindruckt, so eine Verspätung sei vielleicht typisch für Mexiko, aber anscheinend auch, dass dafür dann spontan 20 Leute mithelfen und es am Ende doch irgendwie klappt. Genauso war es. In zwei Stunden waren alle Bilder an ihrem Platz und pünklich zur Eröffnung sah der Innenhof des Ausstellungsgebäudes so aus:



Die Eröffnung wurde mit fast doppelt so vielen Gästen wie erwartet ein voller Erfolg. Sogar der Regen, der schon den ganzen Tag drohend in den Wolken gehangen hatte, blieb aus. Beim anschließenden Abendessen, mit dem sich das Orga-Team belohnte, verriet ein Kollege aus einer anderen Organisation, die sich mit Filmproduktionen beschäftigt, dass er uns durch ein Ritual vor dem Regen bewahrt hatte. Es sei bei vielen Produktionen üblich, ein Messer in die Erde zu rammen und daneben ein Kreuz aus Salz zu malen. Um den Wettergott gütig zu stimmen? Oder doch eher um seine eigene Machtlosigkeit zu kompensieren... Sagen wir, es hat in unserem Fall gewirkt. Und wenn es scheint, dass sich das ganze Universum gegen einen stellt, dann ist ein wenig Aberglaube vielleicht gar nicht so verkehrt.

Ein paar Fotos von der ganzen Action gibts hier.

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